Land of the Vikings ist ein Aufbauspiel im Banished-Stil, das im hohen Wikinger-Norden angesiedelt ist. Der Early-Access-Titel spielt sich schon ganz gut, hat aber ein großes Problem.
Kennt ihr Farthest Frontier, Foundation, Ostriv oder auch Settlement Survival? Das sind alles Early-Access-Aufbauspiele mit Mittelalter-Setting, die ich in letzter Zeit für die GlobalESportNews getestet habe. Und das sind nur die im Banished-Stil. Leichte Variationen mit anderen Settings gab es noch einige mehr. Ist das nicht wunderbar? So viele Aufbauspiele! Herrlich, oder?
Ja! Und nein. Ja, weil das Städteerrichten seit Anno 1503 Teil meiner DNA ist. Und nein, weil ich halbfertige Banished-Klone langsam nicht mehr sehen kann. Mit Betonung auf halbfertig. Denn alle diese Titel haben, genau wie Land of the Vikings, eigene Ideen, die zwar gut, aber stets nur zu erahnen sind. Fertig ist meist nur der zentrale Gameplay-Loop rund um das Errichten einer kleinen Siedlung. Und der ist eben immer gleich.
Gibt es also einen Grund für euch, Land of the Vikings eine Chance zu geben? Der GlobalESportNews -Test liefert die Antwort.
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Das Aufbau-Einmaleins
Wie es im Genre der Aufbaustrategie mit Survival-Elementen üblich ist, startet ihr mit dem Markieren von Bäumen und Steinen, damit eure individuell simulierten Arbeitskräfte sich an die Arbeit machen. Mit Holz und Stein zimmern die fleißigen und willenlosen Arbeitsbienen ihre eigenen Häuser und ziehen nach und nach eine kleine Siedlung hoch mit den zu erwartenden Gebäuden: Marktplatz, Lagerhäuser, Sammler, Jäger, Fischer, Felder, Mühlen, Zimmerer, Näher und so weiter.
Im Vergleich zu ähnlichen Titeln ist der Umfang der Beschäftigungen und Güter allerdings relativ gering. Dafür gibt es eine Menge Dekorationen. Mit denen könnt ihr eurem Dorf mit viel Detail-Liebe einen lebendigen Look verleihen, ganz besonders weil ihr in Land of the Viking auch Alltägliches im Dorf verstreuen könnt. Etwa einen Eimer, einen Ochsenkarren, Fackeln, Wimpel und Fässer.
Stellt ihr einige dieser Deko-Objekte in die Nähe eines geeigneten Gebäudes, bringen sie sogar Boni. Eine Vogelscheuche verstärkt den Ertrag eines Feldes, Kisten und Fässer erhöhen die Kapazität eines Lagerhauses und schmückende Objekte neben Häusern weisen die Bewohner darin als gut situiert aus, was diese glücklicher macht.
Zufriedenheit wirkt anziehend
Denn ja, Zufriedenheit spielt freilich auch in Land of the Vikings eine Rolle. Sind die Leute sauer, ziehen weniger Menschen zu und sinkt die Zustimmung zu tief, werdet ihr aus dem Dorf gejagt. Das ist mir in der Testphase mit meinem prächtigen Ort Gemsta aber nie passiert.
Einfluss auf die Zufriedenheit hat beispielsweise das Angebot an Wohnraum und Kleidung sowie das Ausrichten von Festen und eure Entscheidungen bei Events. So müsst ihr etwa Familienfehden schlichten, wobei die Strafen ziemlicher Unsinn sind. Ich soll jemanden köpfen oder eine ganze Familie in die Verbannung schicken, weil jemand womöglich einen Dolch gestohlen hat? Naja.
Die Erde bebt, der Pulsschlag nicht
Manchmal müsst ihr auch Geld (wird durch Verkäufe am Markt generiert) aus der Dorfkasse nehmen, um beispielsweise den Opfern eines Erdbebens auszuhelfen. Denn ja, im Land der Vikinger bebt gerne mal die Erde oder bricht ein Feuer aus, woraufhin einige eurer Gebäude einstürzen.
Das ist jedes Mal eine ziemlich nervige Sache, denn Land of the Vikings ist zum jetzigen Stand nicht gut ausbalanciert. Alles dauert hier viiieelll zuuuu laaanngggee. Vor allem der Rohstoffabbau behindert fortwährend das Vorankommen. Viel zu oft habe ich in meiner Testpartie nur vor dem Bildschirm gehockt und gewartet, bis ein Gebäude endlich fertiggestellt wurde.
Dabei gäbe es theoretisch einiges zu tun. Dorfbewohner haben alle einen individuellen Wert in Glück, Stärke, Geschwindigkeit und Intelligenz, die ihr durch passende Jobs ausnutzen könnt. Ein Bär von einem Mann arbeitet besonders gut in einer Mine, Einstein am besten als Schiffsbauer und Gustav Gans bei den Fischern.
Dummerweise nervt das System auf Dauer etwas, weil ihr wegen der Landwirtschaft Arbeitskräfte je nach Jahreszeit herumschieben müsst. Doch wenn ihr für die Aussaat oder die Ernte Leute über das Jobmenü aus ihren idealen Arbeitsstellen herauszieht, müsst ihr sie später mühsam einzeln wieder zuweisen.
Alles muss man selber machen!
Allgemein fehlt es dem Spiel noch an allen Ecken und Enden an Automatisierungen und Komfort-Features; ein durchaus erwartbarer Umstand im Early Access. Wenn beispielsweise ein Bewohner an Krankheit oder Alter stirbt, zeigt das betroffene Gebäude lediglich eine Meldung an. Anstatt dass jemand automatisch die Stelle übernimmt, müsst ihr das händisch machen und obendrein immer das Dorf im Auge behalten. Ein weit entferntes, leeres Jägerhaus überseht ihr da schon mal leicht. Genauso wird das Schlachten von Tieren und Abernten von Feldern irgendwann mühselig.
Das sind alles keine Beinbrüche und zum Start einer Early-Access-Phase verzeihlich. Doch während ich auf den quälend langsamen Fortschritt beim Errichten von Gebäuden warte, habe ich eigentlich nur das Dekorieren als spaßige Beschäftigung zur Verfügung. Und man kann eben nur so viele Fässer in einem kleinen Dorf aufstellen.
Kaum jemand kommt bis zu den Plünderfahrten
Abhilfe könnten da die namensgebenden Wikinger schaffen. Denn wo Wikinger draufsteht, müssen auch Krieger und Langboote drinstecken. Und das tun sie hier. Doch bis ihr den Zugriff auf Handels- und Kriegsschiffe endlich freigeschaltet habt, gehen erstmal Stunden ins Land.
Wie sehr sich das Spiel bis dorthin zieht, seht ihr daran, dass ich bislang einer der wenigen bin, die überhaupt eine Truppe auf einen Überfall geschickt haben. Das haben aktuell nur 1,3 Prozent aller Spieler geschafft.
Kein Wunder, ihr braucht dafür nämlich erst einmal jede Menge Ruhm. Den bekommt ihr durch das Abschließen von Missionen (»Baue eine Taverne«, »Bilde fünf Bogenschützen aus« und so weiter) sowie für das Erhöhen eurer Bevölkerung. Diese Ruhmpunkte investiert ihr dann in einen Talentbaum, der euch vorher nicht verrät, welche Technologien wann kommen. Dazu könnt ihr noch ein paar Perks freischalten, etwa ein Prozent schnelleres Arbeiten, fünf Prozent schnelleres Laufen und Ähnliches. Und weil sich der Ruhm arg langsam generiert, geht allzu oft nichts voran.
Wikinger waren schon mal gefährlicher
Wenn ihr eure Krieger dann endlich auf Fahrt schicken könnt, stellt sich heraus, dass die Überfälle lediglich als Textevent von statten gehen. Und dummerweise ist auch hier die Balance noch nicht ideal.
Nach Stunden der Vorbereitung konnte mein voll besetztes Kriegsschiff schlicht nichts ausrichten. Denn selbst das kleinste Dorf, von dem ich bislang Kenntnis hatte, brachte es auf einen viel zu hohen Verteidigungswert. Ich hätte zwar noch andere nordische Dörfer mit auf die Plündefahrt einladen können, doch selbst zusammen hatten wir nicht genügend Angriffskraft.
Das Unterfangen endete daher im Desaster, wodurch die Zufriedenheit des Dorfes in den Keller rutschte. Und nicht nur die. Auch meine Motivation war dahin. Denn selbst wenn es geklappt hätte … was dann? Dann hätte ich vielleicht ein paar Ressourcen und etwas Geld bekommen. Doch wofür? Um noch fünf Häuser mehr bauen zu können? Es gibt im Spiel aktuell nichts, für das sich die Mühe lohnt.
Es fehlt zu viel, um lange zu begeistern
Und hier sind wir wieder beim Eingangs-Thema. Land of the Vikings ist hübsch und spielt sich erstmal gut. Ein bisschen siedeln, Ressourcen abbauen und dekorieren geht eben immer. Doch dann fehlt es an einem motivierenden Überbau.
Wirklich gute und vor allem fertige Aufbauspiele faszinieren entweder durch die Fülle an Dingen, die ich anstellen kann, oder bieten eine irgendwie geartete Herausforderung. Das kann ein besonders harter Kampf ums Überleben sein, das logistische Management riesiger Siedlungen oder auch ein Zeit- beziehungsweise Rundenlimit.
Doch Land of the Vikings bietet so etwas aktuell nicht – und reiht sich damit in eine immer länger werdende Liste an unfertigen Aufbauspielen ein, die sich in ihrem Kern-Gameplay alle arg ähneln. Das ist das große Problem des Titels. Es ist für diese Phase in der Entwicklung ein solides Spiel, das man sich auf die Steam-Wunschliste packen kann. Aber es gibt bei all der Konkurrenz eben auch kaum Gründe, es zu spielen. Denn was es bislang bietet, habe ich zumindest zuletzt einfach schon zu häufig gesehen.
Vorläufiger Wertungskasten
Land of the Vikings hat meine negative Grundhaltung eigentlich gar nicht verdient. Denn das bisher Gebotene ist grundsolide. Der Preis ist mit 20 Euro angemessen und mit ein paar Monaten oder Jahren Entwicklungszeit kann es zu einer schönen kleinen Aufbau-Perle werden. Doch aktuell begeistert es mich einfach nicht. Alles, was das Wikinger-Spiel macht, habe ich so in letzter Zeit schon zu oft gesehen. Allein die Plünderfahrten hätten dem Spiel individuelles Gewicht verleihen können, allerdings enttäuschen gerade die in der derzeitigen Form.
Und so ist meine persönliche Meinung: Packt euch Land of the Vikings auf die Wishlist, wenn euch die Optik und das Setting gefallen. Doch wenn ihr jetzt gerade mal wieder ein richtig gutes Aufbauspiel im Banished-Stil spielen wollt, kauft euch Farthest Frontier. Das ist bislang einfach in allen Belangen besser.